Balanceakt im Paradies – SUP-Tour durchs Donaudelta
Eine mystische Wasser- und Dschungelwelt mit gewaltigen Schwärmen von Wasservögeln und von Lianen behangenen Urwaldriesen – das rumänische Donaudelta zählt zu den wildesten Ecken Europas. Ein Streifzug mit dem SUP-Board durch ein bedrohtes Paradies.
Ein Eisvogel flattert aus seinem Bau im lehmigen Hochufer. Über den mächtigen Baumkronen kreisen Pelikane vor gewittrigen Kumuluswolken. Eine Traumlandschaft in schwüler Sommerluft, beinahe wie am Amazonas. Die Natur ist gewaltig. Opulent. Fremde Laute dringen aus doppelt mannshohem Schilf. Schwimmende Inseln treiben träge dahin. Netze aus Schlingpflanzen, Efeu und Lianen überziehen die Weiden am Ufer und machen das Gelände beinahe undurchdringlich. Seit ein paar Stunden sind Stefan und Simon mit ihren Stand-up Paddle Boards auf dem Wasser. An Bug und Heck der aufblasbaren Boards haben sie wasserdichte Packsäcke befestigt, darin Zelt, Matten, Kocher und Proviant für fünf Tage. Jeder Paddelschlag führt sie tiefer hinein die geheimnisvolle Wasserwelt.
«Lass uns mal unsere Position checken», ruft Stefan Simon zu. Ihm ist ein bisschen mulmig. Das Donaudelta ist etwas grösser als das Wallis. Sich in dem Wirrwarr aus Flussläufen, Lagunen, Seen und blind endenden Wasserarmen zu verirren ist genauso wahrscheinlich, wie als Landei ohne Navi und Karte im Dschungel einer Grossstadt verloren zu gehen – mit dem Unterschied, dass man hier kaum jemanden trifft, den man schnell mal nach dem Weg fragen kann. Simon studiert die App auf seinem Smartphone, das er in eine wasserdichte Hülle gepackt hat. Ein paar Sekunden später meldet er: «Sind auf Kurs! Noch etwa einen Kilometer, dann geht es links ab in einen schmalen Flusslauf.»
«Lass uns mal unsere Position checken», ruft Stefan Simon zu. Ihm ist ein bisschen mulmig. Das Donaudelta ist etwas grösser als das Wallis. Sich in dem Wirrwarr aus Flussläufen, Lagunen, Seen und blind endenden Wasserarmen zu verirren ist genauso wahrscheinlich, wie als Landei ohne Navi und Karte im Dschungel einer Grossstadt verloren zu gehen – mit dem Unterschied, dass man hier kaum jemanden trifft, den man schnell mal nach dem Weg fragen kann. Simon studiert die App auf seinem Smartphone, das er in eine wasserdichte Hülle gepackt hat. Ein paar Sekunden später meldet er: «Sind auf Kurs! Noch etwa einen Kilometer, dann geht es links ab in einen schmalen Flusslauf.»
Nicht nur im Kreis
Die Idee zu diesem Paddelabenteuer kam Stefan und Simon bei gelegentlichen Feierabend-Workouts mit dem SUP am heimischen See. «Wie wäre es, wenn wir mit den Boards mal was anderes machen, als bloss auf dem See im Kreis zu fahren? So etwas wie eine Alpenüberquerung mit dem Bike.» Und schon machten sich die beiden an die Internet-Recherche. Erste Infos über das Donaudelta steigerten die Neugier: «Nach den Galapagosinseln und dem Great Barrier Reef ist der Mündungsbereich der Donau ins Schwarze Meer eine der artenreichsten Regionen der Erde.» Ursprünglich und exotisch, dazu ohne «Weltreise» erreichbar – das klang gut!
Auf ihrer Suche nach genaueren Informationen und einer geeigneten Route durch das Wasserlabyrinth stiessen Simon und Stefan auf Cristian Mititelu. Cristian lebt in der Hafenstadt Tulcea am Rande des Donaudeltas, wo er Umweltschutzprojekte des «World Wide Fund for Nature» (WWF) koordiniert und Bird-Watching-Touren guidet. Er versorgte die beiden mit GPS-Daten und nannte ihnen Anlaufpunkte in der kaum bewohnten Sumpflandschaft. Trotzdem blieben immer noch genügend Ungewissheiten: Wo herrscht welche Strömung? Ist es möglich, dagegen anzupaddeln? Und: Je nach Wasserstand ändern sich die Uferzonen permanent. Wie findet man da einen geeigneten Lagerplatz?
Beim Start an der Marina in Tulcea-Mitte ist Simons und Stefans Anspannung fast greifbar. Werden die groben Karten und die wenigen fixen Koordinaten zur Orientierung reichen? Am Kai ragt die Skyline des grössten Aluminiumwerks Rumäniens auf. Doch mit jedem Paddelschlag schrumpft die morbide Industriehafenkulisse am Horizont. Nach zwei Kilometern Schaukelpartie in den Bugwellen von Frachtschiffen und Motorbooten zweigt ein Seitenkanal nach Norden ab. Und das bedeutet: weniger Strömung, weniger Wellen, weniger Boote, dafür mehr Vogelgezwitscher und mehr Natur. Hie und da eine Holzhütte, die von Fischern bewohnt wird, ansonsten gibt es kaum eine Spur von Zivilisation – wären da nicht immer wieder Touristenschiffe, die sich selbst durch die schmalen Kanäle zwängen. Cristian Mititelu sind sie ein Dorn im Auge. Zusammen mit dem WWF setzt er sich für sanften Tourismus im Donaudelta ein. «Slow Tourism» nennt er das. «Doch was die meisten Schiffstouren-Veranstalter praktizieren, ist ‹Very Fast Tourism›», kritisiert er. Das grösste Problem seien rumänische Tagestouristen, die mit Speedboats durch die Seitenkanäle preschten und die Tiere aufschreckten.
Als die Sonne schon tief über dem Wasser steht, hilft am «Canalul Sireasa» im Westen des Deltas ein bisschen Rückenwind. Gut so, denn die Strömung ist hier, auf dem letzten Stück der rund 16 Kilometer langen ersten Etappe, kaum noch zu spüren. Auf einer kleinen Anhöhe kauert unter Weiden die etwas baufällige Hütte von Fischer Alexandru. «Ein netter Kerl, bei dem könnt ihr im Garten zelten», hatte Cristian den beiden empfohlen. Doch ausser einem knurrenden Hund ist niemand zu Hause. Wie sich später herausstellen wird, musste Alexandru zu einer Blinddarmoperation ins Krankenhaus nach Tulcea. Nicht mit dem Auto, sondern mit dem Boot. Denn wie die meisten der im Donaudelta verstreuten Siedlungen ist auch Alexandrus Häuschen nur auf dem Wasserweg erreichbar.
Auf ihrer Suche nach genaueren Informationen und einer geeigneten Route durch das Wasserlabyrinth stiessen Simon und Stefan auf Cristian Mititelu. Cristian lebt in der Hafenstadt Tulcea am Rande des Donaudeltas, wo er Umweltschutzprojekte des «World Wide Fund for Nature» (WWF) koordiniert und Bird-Watching-Touren guidet. Er versorgte die beiden mit GPS-Daten und nannte ihnen Anlaufpunkte in der kaum bewohnten Sumpflandschaft. Trotzdem blieben immer noch genügend Ungewissheiten: Wo herrscht welche Strömung? Ist es möglich, dagegen anzupaddeln? Und: Je nach Wasserstand ändern sich die Uferzonen permanent. Wie findet man da einen geeigneten Lagerplatz?
Beim Start an der Marina in Tulcea-Mitte ist Simons und Stefans Anspannung fast greifbar. Werden die groben Karten und die wenigen fixen Koordinaten zur Orientierung reichen? Am Kai ragt die Skyline des grössten Aluminiumwerks Rumäniens auf. Doch mit jedem Paddelschlag schrumpft die morbide Industriehafenkulisse am Horizont. Nach zwei Kilometern Schaukelpartie in den Bugwellen von Frachtschiffen und Motorbooten zweigt ein Seitenkanal nach Norden ab. Und das bedeutet: weniger Strömung, weniger Wellen, weniger Boote, dafür mehr Vogelgezwitscher und mehr Natur. Hie und da eine Holzhütte, die von Fischern bewohnt wird, ansonsten gibt es kaum eine Spur von Zivilisation – wären da nicht immer wieder Touristenschiffe, die sich selbst durch die schmalen Kanäle zwängen. Cristian Mititelu sind sie ein Dorn im Auge. Zusammen mit dem WWF setzt er sich für sanften Tourismus im Donaudelta ein. «Slow Tourism» nennt er das. «Doch was die meisten Schiffstouren-Veranstalter praktizieren, ist ‹Very Fast Tourism›», kritisiert er. Das grösste Problem seien rumänische Tagestouristen, die mit Speedboats durch die Seitenkanäle preschten und die Tiere aufschreckten.
Als die Sonne schon tief über dem Wasser steht, hilft am «Canalul Sireasa» im Westen des Deltas ein bisschen Rückenwind. Gut so, denn die Strömung ist hier, auf dem letzten Stück der rund 16 Kilometer langen ersten Etappe, kaum noch zu spüren. Auf einer kleinen Anhöhe kauert unter Weiden die etwas baufällige Hütte von Fischer Alexandru. «Ein netter Kerl, bei dem könnt ihr im Garten zelten», hatte Cristian den beiden empfohlen. Doch ausser einem knurrenden Hund ist niemand zu Hause. Wie sich später herausstellen wird, musste Alexandru zu einer Blinddarmoperation ins Krankenhaus nach Tulcea. Nicht mit dem Auto, sondern mit dem Boot. Denn wie die meisten der im Donaudelta verstreuten Siedlungen ist auch Alexandrus Häuschen nur auf dem Wasserweg erreichbar.
Millionen von Zugvögeln dient das Donaudelta als Sommerresidenz und Verpflegungsstopp.
Techno-Party der Frösche
«Wohin jetzt?», fragt Stefan. Wie von Cristian im Vorfeld angekündigt, gleicht das Delta einem grossen, überschwemmten Waldgebiet. Doch dann entdeckt Simon am Nordwestrand des Deltas einen Damm. «Dort oben haben wir unsere Hintern für die Nacht im Trockenen», sagt er lachend. Die Freude bekommt einen Dämpfer: Der Kocher muckt und so bleibt die Trockennahrung von knackiger Konsistenz. Ausserdem fällt pünktlich zum Dinner ein Heer von Mücken ein. Da hilft nur eins: Ab ins Zelt! Es wird eine unruhige Nacht. Anstatt zu schlafen, machen die Dschungel-Bewohner Party. Legionen von Fröschen erzeugen mit tausendfachem Gequake beinahe ohrenbetäubenden «Natur-Techno». Ebben die Klangwellen für einen kurzen Moment ab, dann nur, um Augenblicke später die Nacht noch lauter zu fluten. In den Halbschlaf mischt sich plötzlich das Geräusch galoppierender Hufe. Ein Schnauben, ganz nahe am Zelt. Sind es die Wildpferde, die es stellenweise im Donaudelta noch gibt? Oder Wildschweine? In der Morgendämmerung erfüllt schliesslich ein Rauschen die Luft: Ein Schwarm von Rosapelikanen setzt auf seinem morgendlichen Fischzug keine 20 Meter entfernt zur Wasserlandung an.
Zehn Minuten später ist er wieder verschwunden, in Richtung der sumpfigen Seen der «Lacul cu Coteţe» und der «Lacul Carasu». Simon und Stefan folgen ihnen – ohne Kaffee, nur mit etwas gefiltertem Flusswasser zum Frühstück. Untiefen und dichte Barrieren aus Wasserpflanzen machen viele der Lagunen für grössere Schiffe unpassierbar. Ein Paradies zum Paddeln – und ein Refugium für Wasservögel. 2000 Tier- und 3000 Pflanzenarten leben im Donaudelta; Millionen Zugvögeln aus Asien, Nord- und Osteuropa dient es als Sommerresidenz, als Drehkreuz und Verpflegungsstation auf ihren Langstreckenflügen nach Afrika. Lautlos gleiten die SUPs durchs Wasser, vorbei an bleichen Baumskeletten. Reiher, Kormorane, Wildgänse, Enten, kleine Vögel, versteckt im Schilf: Alle schnattern, singen oder krächzen wild durcheinander. Ein Seeadler breitet in den Wipfeln einer Silberweide die Schwingen aus. Wortlos, eine Kippe im Mundwinkel, setzen zwei Fischer in einem Holzboot mit langen Stangen ihre Reusen und Netze.
Nach der Mittagspause zieht Stefan das Paddel kräftiger durchs Wasser. «Komm’, wir haben heute noch eine weite Strecke vor uns!» Denn beim Versuch, Wasser für eine Nudelsuppe zu erhitzen, hatte der Gaskocher endgültig den Geist aufgegeben. Die Vorräte an Trockennahrung sind damit wertlos. Einzige Lösung: weiterpaddeln bis zum nächsten Dorf. Das heisst Mila 23 und ist noch rund 34 Kilometer entfernt. Die Sonne brennt. Die Schultern schmerzen. Ein Sprung in die Fluten, ein paar Schwimmzüge bringen neue Energie. Dann, endlich: Mila 23. Zwei Tante-Emma-Läden gibt es im Dorf. Ein Kocher? Fehlanzeige! Also räumen Stefan und Simon Salami, Käse, Weissbrot und Dosenfisch aus den Regalen – Proviant für die nächsten Tage.
Zehn Minuten später ist er wieder verschwunden, in Richtung der sumpfigen Seen der «Lacul cu Coteţe» und der «Lacul Carasu». Simon und Stefan folgen ihnen – ohne Kaffee, nur mit etwas gefiltertem Flusswasser zum Frühstück. Untiefen und dichte Barrieren aus Wasserpflanzen machen viele der Lagunen für grössere Schiffe unpassierbar. Ein Paradies zum Paddeln – und ein Refugium für Wasservögel. 2000 Tier- und 3000 Pflanzenarten leben im Donaudelta; Millionen Zugvögeln aus Asien, Nord- und Osteuropa dient es als Sommerresidenz, als Drehkreuz und Verpflegungsstation auf ihren Langstreckenflügen nach Afrika. Lautlos gleiten die SUPs durchs Wasser, vorbei an bleichen Baumskeletten. Reiher, Kormorane, Wildgänse, Enten, kleine Vögel, versteckt im Schilf: Alle schnattern, singen oder krächzen wild durcheinander. Ein Seeadler breitet in den Wipfeln einer Silberweide die Schwingen aus. Wortlos, eine Kippe im Mundwinkel, setzen zwei Fischer in einem Holzboot mit langen Stangen ihre Reusen und Netze.
Nach der Mittagspause zieht Stefan das Paddel kräftiger durchs Wasser. «Komm’, wir haben heute noch eine weite Strecke vor uns!» Denn beim Versuch, Wasser für eine Nudelsuppe zu erhitzen, hatte der Gaskocher endgültig den Geist aufgegeben. Die Vorräte an Trockennahrung sind damit wertlos. Einzige Lösung: weiterpaddeln bis zum nächsten Dorf. Das heisst Mila 23 und ist noch rund 34 Kilometer entfernt. Die Sonne brennt. Die Schultern schmerzen. Ein Sprung in die Fluten, ein paar Schwimmzüge bringen neue Energie. Dann, endlich: Mila 23. Zwei Tante-Emma-Läden gibt es im Dorf. Ein Kocher? Fehlanzeige! Also räumen Stefan und Simon Salami, Käse, Weissbrot und Dosenfisch aus den Regalen – Proviant für die nächsten Tage.
Mächtig wie ein TransallGeschwader schweben Hundertschaften von Pelikanen heran.
Mitten im Film
Am nächsten Morgen, zwei Paddelstunden nördlich von Mila 23, sind die beiden zurück in der Einsamkeit. Auf einmal wirft die Sonne flatternde Schatten: Hunderte Pelikane befinden sich im Landeanflug auf eine weite Wasserfläche, gesäumt von Seerosen und Schilf. Mächtig wie ein Transall-Geschwader schweben sie heran. Sekunden später kocht der Strom. Flügel schlagen, Schnäbel schnappen nach blitzenden Fischleibern. Mittendrin versuchen ein paar Kormorane, etwas bei der Fressorgie abzubekommen. Nach dem gestrigen Marathon ist jetzt Zeit für die kontemplative Seite der Paddelei: Fast zwei Stunden sitzen Simon und Stefan auf ihren Boards und schauen gebannt den Vögeln zu. Beobachten Wasserfrösche, die zu überlegen scheinen, ob sie es wagen sollen, von ihrem Teppich aus Laichkraut und Seerosen aufs Board zu hüpfen. «Wie in einem Naturfilm», sinniert Simon, «und wir mittendrin!»
Auf dem Weg durch einen Kanal im Schilf in die «Lacul Miazazi» ist die Wasseroberfläche fast völlig mit Wasserpflanzen zugewuchert. Selbst die SUPs, die kaum Tiefgang haben, lassen sich hier nur noch mühsam vorwärtsbewegen. Immer wieder sammeln sich meterlange Fahnen aus Seegras an den Finnen. Schuld sind eingedeichte Hauptarme und vertiefte Nebenkanäle, wie Cristian Mititelu später erklärt. «Sie behindern die Wasserzirkulation.» Ein Viertel der ursprünglichen Fläche des Donaudeltas sind trockengelegt. Nicolae Ceauşescu wollte ab 1984 die Sümpfe in ein riesiges Agrar- und Industrieareal verwandeln. Sein Sturz kam gerade noch rechtzeitig, um das Schlimmste für die Natur zu verhindern. Mit dem WWF kämpft Cristian Mititelu dafür, das Delta wieder möglichst vollständig zu renaturieren. «Eine Sisyphos-Mission», gesteht er. Genau wie die Paddelei in der zugewucherten Lagune. Simon und Stefan kehren um.
Der Wind hat zugenommen, eine kräftige Brise bläst jetzt genau gegen die Fahrtrichtung. Schaumkronen tanzen. Jeder Meter vorwärts erfordert mehrere kräftige Paddelschläge. In Gedanken sieht Simon sich und Stefan schon den Flieger nach Hause verpassen. Nur gut, dass der Wind zwei Kilometer weiter im Schutz des Ufers wieder nachlässt. Denn nun heisst es auch noch gegen die Strömung zu paddeln! Doch in der Nacht dreht ein kräftiges Gewitter mit stroboskopartig zuckenden Blitzen den Wind. Und so laufen die beiden am nächsten Tag doch noch pünktlich am Ziel in Mila 23 ein.
Auf dem Weg durch einen Kanal im Schilf in die «Lacul Miazazi» ist die Wasseroberfläche fast völlig mit Wasserpflanzen zugewuchert. Selbst die SUPs, die kaum Tiefgang haben, lassen sich hier nur noch mühsam vorwärtsbewegen. Immer wieder sammeln sich meterlange Fahnen aus Seegras an den Finnen. Schuld sind eingedeichte Hauptarme und vertiefte Nebenkanäle, wie Cristian Mititelu später erklärt. «Sie behindern die Wasserzirkulation.» Ein Viertel der ursprünglichen Fläche des Donaudeltas sind trockengelegt. Nicolae Ceauşescu wollte ab 1984 die Sümpfe in ein riesiges Agrar- und Industrieareal verwandeln. Sein Sturz kam gerade noch rechtzeitig, um das Schlimmste für die Natur zu verhindern. Mit dem WWF kämpft Cristian Mititelu dafür, das Delta wieder möglichst vollständig zu renaturieren. «Eine Sisyphos-Mission», gesteht er. Genau wie die Paddelei in der zugewucherten Lagune. Simon und Stefan kehren um.
Der Wind hat zugenommen, eine kräftige Brise bläst jetzt genau gegen die Fahrtrichtung. Schaumkronen tanzen. Jeder Meter vorwärts erfordert mehrere kräftige Paddelschläge. In Gedanken sieht Simon sich und Stefan schon den Flieger nach Hause verpassen. Nur gut, dass der Wind zwei Kilometer weiter im Schutz des Ufers wieder nachlässt. Denn nun heisst es auch noch gegen die Strömung zu paddeln! Doch in der Nacht dreht ein kräftiges Gewitter mit stroboskopartig zuckenden Blitzen den Wind. Und so laufen die beiden am nächsten Tag doch noch pünktlich am Ziel in Mila 23 ein.
Timm Kruse
«Ein Mann, ein Board. Mit dem SUP die Donau runter»
ISBN 978-3-667-11562-1
CHF 26.90
delius-klasing.de
Wer vom Donaudelta nicht genug hat, sondern gleich die ganz grosse Flussreise antreten will, kann sich hier einlesen: Timm Kruse ist die gesamte Donau, 3000 Kilometer von der Quelle in Donaueschingen (D) bis zur Mündung am Schwarzen Meer, allein auf einem SUP hinabgepaddelt. Seine tagebuchartige Chronik ist nicht nur für Nachahmer eine gute Inspirationsquelle.
«Ein Mann, ein Board. Mit dem SUP die Donau runter»
ISBN 978-3-667-11562-1
CHF 26.90
delius-klasing.de
Wer vom Donaudelta nicht genug hat, sondern gleich die ganz grosse Flussreise antreten will, kann sich hier einlesen: Timm Kruse ist die gesamte Donau, 3000 Kilometer von der Quelle in Donaueschingen (D) bis zur Mündung am Schwarzen Meer, allein auf einem SUP hinabgepaddelt. Seine tagebuchartige Chronik ist nicht nur für Nachahmer eine gute Inspirationsquelle.
Mit dem Motorboot zum Shopping
Für die letzte Nacht gönnen sich die beiden ein Bett in einer kleinen Pension. Wirtin Christina tischt dampfende Fischsuppe mit Kartoffeln, Tomaten, Paprika und Zwiebeln auf, die Spezialität im Donaudelta. Nach der Schule wollte Christina nur eines: raus aus diesem weltvergessenen Ort. Einige Jahre schlug sie sich mit ihrem Mann in London durch. Doch nun sind sie mit ihrem kleinen Sohn zurück in Mila 23. «Eigentlich», sagt sie, «leben wir hier doch im Paradies. Wo sonst kannst du von der Terrasse ins Wasser springen? Wo sonst kannst du jeden Tag Angeln gehen? Wo sonst fährst du mit dem Motorboot zum Shopping in die Stadt?» Am nächsten Morgen nehmen Simon und Stefan das Wassertaxi nach Tulcea. Von dort werden sie weiter nach Bukarest reisen. Rasch sind die bunten Holzfassaden von Mila 23 am Horizont verschwunden. Während der rasanten Fahrt des Motorboots spulen sie die Eindrücke der vergangenen Tage nochmals im Kopf ab. Simon lässt den Blick übers Wasser schweifen. «Christina hat Recht», sagt er dann, «das ist ein Paradies – auch wenn es nicht mehr im Gleichgewicht ist.»
Flusswandern mit dem SUP
Grossartiges Naturerlebnis, sportliche Herausforderung und perfekte Entschleunigung – so wird Stand-up-Paddeln zum unvergesslichen Abenteuer.
ANREISE
Flug nach Bukarest. Von dort mit dem Bus oder Mietwagen nach Tulcea (280 km). Start der SUP-Tour an der Marina am östlichen Stadtrand von Tulcea.
TOUR
Das Donaudelta ist fast so gross wie der Kanton Graubünden und von weit verzweigten Seen- und Kanalsystemen durchzogen. Bei Touren auf eigene Faust sind unbedingt Karten, GPS-Gerät und ein gutes Orientierungsvermögen nötig. Um auch längere Tagesetappen geniessen zu können, machen sich entsprechende Trainingseinheiten mit dem SUP bezahlt. Möglichkeiten zum Übernachten in der Natur gibt es nur wenige: ein paar sehr einfache Zeltplätze bei Fischern oder in den wenigen Dörfern des Deltas. Wildes Campen ist offiziell verboten (aber wegen des sumpfigen Untergrunds auch nur selten möglich), offenes Feuer ist tabu. Die wenigen Orte im Zentrum des Donaudeltas wie Mila 23 oder Crişan sind nicht per Auto erreichbar, bieten aber Hotels und Pensionen. Eine Verbindung nach Tulcea oder zum Schwarzen Meer ist mit Linienschiffen und Motorboot-Taxis möglich. Verleihstationen oder Veranstalter für SUP-Touren gibt es vor Ort nicht.
Allgemeine Infos: ddbra.ro, rumaenien-tourismus.com
Beste Jahreszeit: In der Vorsaison im Juni und in der Nachsaison im September ist es im Donaudelta deutlich ruhiger als in der Hauptsaison im Juli und August. Auch die Temperaturen sind angenehmer.
AUSRÜSTUNG
Aufblasbare SUP-Boards erleichtern die Anreise. Für die Flusspaddelei empfehlen sich langstreckentaugliche Tourenboards mit gutem Geradeauslauf bei gleichzeitig ordentlicher Kippstabilität. Zum Transport von Verpflegung, Kleidung und Ausrüstung werden am besten ein oder zwei wasserdichte Packsäcke am Board befestigt. In den Seen erschweren oft Wasserpflanzen und Seegras das Fortkommen. Eine stark abgeschrägte Seegras-Finne verhindert, dass sich das Grünzeug am Board verheddert. Zu Wasseraufbereitung empfiehlt sich ein Outdoor-Wasserfilter. Ausserdem praktisch: Kleine Solar-Panels zum Laden von GPS-Gerät oder Handy.
Flug nach Bukarest. Von dort mit dem Bus oder Mietwagen nach Tulcea (280 km). Start der SUP-Tour an der Marina am östlichen Stadtrand von Tulcea.
TOUR
Das Donaudelta ist fast so gross wie der Kanton Graubünden und von weit verzweigten Seen- und Kanalsystemen durchzogen. Bei Touren auf eigene Faust sind unbedingt Karten, GPS-Gerät und ein gutes Orientierungsvermögen nötig. Um auch längere Tagesetappen geniessen zu können, machen sich entsprechende Trainingseinheiten mit dem SUP bezahlt. Möglichkeiten zum Übernachten in der Natur gibt es nur wenige: ein paar sehr einfache Zeltplätze bei Fischern oder in den wenigen Dörfern des Deltas. Wildes Campen ist offiziell verboten (aber wegen des sumpfigen Untergrunds auch nur selten möglich), offenes Feuer ist tabu. Die wenigen Orte im Zentrum des Donaudeltas wie Mila 23 oder Crişan sind nicht per Auto erreichbar, bieten aber Hotels und Pensionen. Eine Verbindung nach Tulcea oder zum Schwarzen Meer ist mit Linienschiffen und Motorboot-Taxis möglich. Verleihstationen oder Veranstalter für SUP-Touren gibt es vor Ort nicht.
Allgemeine Infos: ddbra.ro, rumaenien-tourismus.com
Beste Jahreszeit: In der Vorsaison im Juni und in der Nachsaison im September ist es im Donaudelta deutlich ruhiger als in der Hauptsaison im Juli und August. Auch die Temperaturen sind angenehmer.
AUSRÜSTUNG
Aufblasbare SUP-Boards erleichtern die Anreise. Für die Flusspaddelei empfehlen sich langstreckentaugliche Tourenboards mit gutem Geradeauslauf bei gleichzeitig ordentlicher Kippstabilität. Zum Transport von Verpflegung, Kleidung und Ausrüstung werden am besten ein oder zwei wasserdichte Packsäcke am Board befestigt. In den Seen erschweren oft Wasserpflanzen und Seegras das Fortkommen. Eine stark abgeschrägte Seegras-Finne verhindert, dass sich das Grünzeug am Board verheddert. Zu Wasseraufbereitung empfiehlt sich ein Outdoor-Wasserfilter. Ausserdem praktisch: Kleine Solar-Panels zum Laden von GPS-Gerät oder Handy.