In den frühen Jahren des neuen Jahrtausends absolvierte ein Läufer den Boston Marathon nur mit Five Finger Schuhen von Vibram an den Füssen. Die Schuhe, eigentlich mehr Überzieher, waren nicht zum Laufen, sondern für Segler und Bootfahrer entwickelt worden. Der Läufer hiess Ted Mc Donald und sollte bald als «Barefoot Ted» bekannt werden. Dabei war er nicht der erste Läufer, der sich ohne Laufschuhe auf die «Socken» machte.
1960 beispielsweise gewann der Kenianer Abebe Bikila den olympischen Marathon barfuss. Was den Lauf von «Barefoot Ted» so bedeutsam machte, war, dass er in dem mittlerweile 0weltbekannten und zur Laufbibel avancierten Buch des amerikanischen Journalisten Christopher McDougal «Born to run» eine Hauptrolle spielte. Der Journalist McDougal hatte sich, motiviert durch seine eigene jahrlange Lauf-Leidensgeschichte mit schmerzenden Füssen und Gelenken, auf die Suche nach Lösungen gemacht und dabei irgendwann Ted MC Donald kennengelernt. Ted war zum Barfusslaufen gekommen, weil er mit seinen normalen Laufschuhen ebenfalls unerträgliche Rückenschmerzen bekam. Lange suchte er nach einer Lösung und fand schliesslich heraus, dass die Schmerzen wie weggeblasen waren, wenn er keine Schuhe trug.
Das Buch «Born to run», das erfolgreichste Sachbuch in den USA im Jahr 2009, war schliesslich mitverantwortlich für die Barfuss-Welle, die die Laufwelt erfasste. Da die Hersteller von Laufschuhen auf der Suche nach Neuland waren und sprangen sie auf den Zug auf.
Warum Barfuss laufen
Warum Barfuss laufen
Dan Lieberman, ein Harvard-Professor, hat vor einigen Jahren einen Artikel in dem amerikanischen Magazin «Nature» herausgebracht, in dem er das Barfusslaufen als Lösung für eine Reihe von Läuferverletzungen beschrieb. Lange Zeit war man nämlich in der Laufschuh-Industrie davon ausgegangen, dass «viel» Schuh – also Schuhe mit starker Dämpfung und Fussunterstützung - auch viel nützt und Gelenksprobleme von Läufern minimieren würde. Tatsächlich war das nicht der Fall. Auch Hightech-Schuhe verringerten die Häufigkeit von Problemen nicht. Warum also nicht Laufen wie in der Steinzeit?
Andere Lauftechnik
Andere Lauftechnik
Liebermann wollte mit seinem Artikel allerdings nicht dem Barfuss-Trend das Wort reden, sondern darauf hinweisen, dass es nicht darum gehe, ob man mit oder ohne bzw. mit Barfuss-Schuhen läuft, sondern wie man läuft. Wer einmal ausprobiert, wie es ist ohne Schuhe bzw. mit Schuhen ohne Dämpfung zu laufen, wird sofort feststellen, dass er die Füsse zuerst mit dem mittleren bis vorderen Fussbereich aufsetzt. Der Grund: Beim Aufprall des Fusses beim Laufschritt entsteht eine grosse Kraft, die dem 1,5- bis 3-fachen des Körpergewichts entspricht. Landet man – wie es viele «Otto-Normal-Läufer tun – zuerst auf der ungedämpften Ferse, geht die dabei entstehende Erschütterung über das Knie- und Hüftgelenk bis hinauf in den Kopf, was äusserst unangenehm ist.
Um dies zu vermeiden, setzt man den Fuss instinktiv weiter vorne auf und lässt so die Dämpfung von der Beinmuskulatur und der Achillessehne übernehmen. Dabei berührt – «küsst» - die Ferse nur sehr leicht den Boden. Man läuft ein wenig so wie ein Sprinter, der auch nur mit dem vorderen Bereich des Fusses Bodenkontakt hat. Beim Barfusslaufen werden somit die Fuss- und Wadenmuskeln deutlich mehr beansprucht als mit normalen Laufschuhen.
Barfuss-Schuhe: Was ist das
Wer von Barfusslaufen spricht, meint damit nicht unbedingt, dass man ohne Schuhe läuft. Das kann man zwar auch. Allerdings besteht hierbei die Gefahr, sich Verletzungen durch Steine, Glassplitter und andere Fremdkörper zu holen. Daher haben die Schuhhersteller spezielle Barfuss-Schuhe entwickelt. Diese schützen die Fuss-Sohle, bieten aber keine Unterstützung oder Dämpfung. Schutz ja, Komfort nein.
Hier kommt der wichtige Begriff „Sprengung“ ins Spiel. Normale Laufschuhe weisen im Schuh eine Steigung auf. Das bedeutet, dass die Ferse gegenüber den Zehen erhöht ist. Diesen Anstieg nennt man „Sprengung“. Ihr Wert wird in Millimetern angegeben. Bei Barfuss-Schuhen – auch Natural-Running- oder Minimal-Schuhe genannt – ist diese deutlich reduziert oder fehlt komplett - Ferse und Zehen liegen auf eine Ebene wie beim Gehen ohne Schuhe. Bei normalen Laufschuhen beträgt der Anstieg – die „Sprengung“ - 12 bis 16 mm, bei Minimalschuhen weniger bis Null mm.
Natural-Running-Schuhe simulieren so das Barfuss-Laufen. Auf eine Dämpfung in der Sohle wird verzichtet. Dadurch sind Barfuss-Laufschuhe um einiges leichter und flexibler als normale Laufschuhe. Mittlerweile bietet jede Laufmarke Natural-Running-Schuhe an. Der Anteil minimalistischer Laufschuhe am Gesamtvolumen liegt bei rund 25 bis 30 Prozent.
Ist es gesund, barfuss zu laufen?
Ist es gesund, barfuss zu laufen?
Barfusslaufen hat Vor- und Nachteile. Es ist tatsächlich so, dass beim Laufen mit minimalistischen Natural-Running-Schuhen das Kniegelenk wegen der geringen Beugung (eine erhöhte Ferse bedeutet gleichzeitig einen spitzeren, ungünstigeren Kniewinkel) weniger belastet wird. Gleichzeitig arbeitet die Wadenmuskulatur mehr und die Sprunggelenke werden gekräftigt - allerdings zum Preis einer relativ höheren Belastung der Achillessehne, was zu Problemen führen kann. Zudem weiss man, dass selbst die geringste Dämpfung bei Natural-Running-Schuhe dazu führt, dass man eben doch den «faulen» Fersenaufsatz praktiziert und so die positive Wirkung des Barfusslaufens reduziert.
Nachweislich führt die veränderte Lauftechnik bei vielen Läufern mit Problemen dazu, dass diese wieder schmerzfrei laufen können. Zudem stärkt es die Fussmuskulatur, was der Entstehung eines Fersensporn oder einer Achillessehnennentzündung vorbeugt. Auch das unangenehme und bei ambitionierten Joggern bekannte Schienbeinkantensyndrom kann man mit Barfusslaufen in den Griff bekommen. Das Barfusstraining kann Läufer sogar schneller machen. Da die meiste Läufer das Laufen ohne „Sprengung“ und Dämpfung nicht gewohnt sind, muss der Einstieg langsam erfolgen. Die ersten Schritte macht man am besten auf Waldboden, dem Sandstrand oder dem Fussballplatz, nicht auf Asphalt. Wer sich an das Thema heranwagen möchte, sollte nicht gleich mit den aggressivsten Minimalschuhen starten. Anfänger sollten mit einer Sprengung von 7 bis 10 m loslegen, fortgeschrittene, erfahrene Läufer mit 4 bis 6 mm und Schuhe mit 0 bis 3 mm Sprengung sollte man nur für ganz kurze Läufe und das Techniktraining verwenden.
Am besten tastet man sich langsam an den ungewohnten Laufstil heran. Zunächst wählt man eine kürzere Distanz von wenigen hundert bis tausend Meter Strecke, um dies dann sukzessive auszuweiten. Diabetiker mit Gefühlsstörungen in den Füssen sollten nicht barfuss laufen. Experten empfehlen, das Laufen mit Minimalschuhen als Zusatz zum üblichen Training zu betrachten. Als Ergänzung stellt es eine Bereicherung im Läuferleben dar.
Aktuelle Barfuss-Schuhmodelle
Aktuelle Barfuss-Schuhmodelle
Meindl: Pure Freedom
Meindl: Pure Freedom
Die Meindl Pure Freedom sind leichte Barfuss-Sneaker für das direkte und natürliche Gefühl für den Untergrund. Für eine gute Fixierung im Mittelfußbereich verbinden leichte Zugbänder im Zickzack die Schnürung mit der Sohle. Mit gutem Grip und einem einfachen Blockprofil sorgt die Vibram Laufsohle für Bodenkontakt, ausreichenden Schutz.
Preis: CHF 159.90.-
www.meindl.de
Ballop: Pellet
Ballop: Pellet
Trotz einfachem Konzept, sockenähnlichem Sitz, leichtem, atmungsaktivem und schnell trocknendem Material besitzt der Pellet mit seiner Noppensohle ausreichend Grip und Schutz für kurze, intensive Trainingseinheiten im Gelände.
Preis: CHF 89.95.-
www.ballop.de
Merrell: Vapor Glove 4
Merrell: Vapor Glove 4
Die Merrell Vapor Glove 4 sind extrem leichte Barfussschuhe und vermitteln durch ihre sehr dünne Sohle in Verbindung mit flacher Fußposition direkten Bodenkontakt. Der minimalistische Schuh ermöglicht eine neutrale Körperhaltung und unterstützt die natürliche Schrittbewegung sowie Fusssensorik optimal.
Preis: CHF 99.90.-
www.merrel.com