«Tirol. Eine Landesvermessung in 111 Begriffen»
DOMINIK PRANTL
«Tirol. Eine Landesvermessung in 111 Begriffen»
ISBN: 978-3-7022-3848-3
Preis: EUR 14.95
Verlag: Tyrolia, Innsbruck
Erscheinungsjahr:
Web: tyrolia.at
«Tirol. Eine Landesvermessung in 111 Begriffen»
ISBN: 978-3-7022-3848-3
Preis: EUR 14.95
Verlag: Tyrolia, Innsbruck
Erscheinungsjahr:
Web: tyrolia.at
Massarbeit aus dem Halbraum
Wenn sich ein waschechter Bayer an die Vermessung Tirols wagt, dann klingt das auf den ersten Blick: vermessen. Andererseits: Friedrich Schiller, der Autor des helvetischen Nationalepos Wilhelm Tell, war nachweislich nie in der Schweiz. Insofern hat der Autor und Wahl-Tiroler Dominik Prantl schon mal einen Vorteil, zumal er sich beruflich nicht erst seit gestern mit seiner neuen Heimat beschäftigt. Fußballtaktisch gesprochen befindet sich Prantl als Autor im Halbraum – nicht drin, aber auch nicht draussen.
Prantl ist sich seines Status als «Zuagroaster» bewusst und nähert sich den Tirolerinnen und Tirolern mit einer Vorsichtsmassnahme: einer spitzen Feder, die ihre Studienobjekte oft kritisch, fast immer aber augenzwinkernd unter die Lupe und aufs Korn nimmt. So liest sich Prantls Landesvermessung in 111 Begriffen stets bissig, aber nie boshaft (und damit vielleicht durch und durch tirolerisch?!), vor allem aber wunderbar präzise; etwa wenn die Rede von Einkaufszentren ist, die die Tiroler Landschaft «verspeisen» oder der landestypischen Architektur, die «zwischen Einhof und Eisgratbahn irrlichtert». Prantl wanzt sich nicht schamlos huldvoll an Tirol heran wie der Animateur einer Après-Ski-Bar (einem „auf ungemütliches Beisammensein spezialisierten Etablissement“), sondern teilt ungeniert aus. Die «Freunderlwirtschaft» bekommt ihr Fett ebenso weg wie «Ischgl» («Brutstätte des Corona-Virus») oder der «Skigebietsdarwinismus» der «Liftkaiser». Gutmütiger, aber nicht minder provokant sind die sportlichen Seitenhiebe auf Ski («Allheilmittel gegen Minderwertigkeitskomplexe bei Olympischen Spielen») und Fußball («wird angeblich auch in Tirol gespielt»). Naturschönheiten und Kulinarik reizen Prantl dagegen zu wahren Liebeserklärungen, etwa an die Jause, den Obernberger See oder den Knödl als «Miniaturausgabe unseres Planeten». Die nötige historische Tiefe gewinnt das Auswahl-Lexikon mit Einwürfen zur Etymologie der Kandahar, dem Wörgler Freigeld und mehr oder weniger rechtmässig ruhmreichen Tiroler Persönlichkeiten wie Peter Anich, Peter Schröcksnadel, die Geierwally oder Margarete Maultasch.
Insgesamt sieht Prantl (sein) Tirol mit kommerzkritischen, aber nicht fortschrittsfeindlichen Augen – wohlgesonnen und mit einer kräftigen Portion Ironie. Für Nicht-Tiroler, die mit einem Besuch des Landes liebäugeln, lohnt sich die Lektüre schon zur Vermeidung allfälliger Fettnäpfchen. Wer weiss, vielleicht müssen die Tiroler Hoteliers ihren Gästen diesen (von Christian Opperer herrlich illustrierten) Band bald ebenso bereithalten wie DVDs der legendären «Piefke-Saga». Und an die Tirolerinnen und Tiroler selbst richtet Prantl eine – ganz unironische – Botschaft, wenn er den Niedergang des ehemaligen Silberbergwerks Schwaz als «Warnung an all jene Tiroler» versteht, die glaubten, «dass wegen des Reichtums von gestern auch morgen noch alle bei ihnen stehen bleiben.»
Wenn sich ein waschechter Bayer an die Vermessung Tirols wagt, dann klingt das auf den ersten Blick: vermessen. Andererseits: Friedrich Schiller, der Autor des helvetischen Nationalepos Wilhelm Tell, war nachweislich nie in der Schweiz. Insofern hat der Autor und Wahl-Tiroler Dominik Prantl schon mal einen Vorteil, zumal er sich beruflich nicht erst seit gestern mit seiner neuen Heimat beschäftigt. Fußballtaktisch gesprochen befindet sich Prantl als Autor im Halbraum – nicht drin, aber auch nicht draussen.
Prantl ist sich seines Status als «Zuagroaster» bewusst und nähert sich den Tirolerinnen und Tirolern mit einer Vorsichtsmassnahme: einer spitzen Feder, die ihre Studienobjekte oft kritisch, fast immer aber augenzwinkernd unter die Lupe und aufs Korn nimmt. So liest sich Prantls Landesvermessung in 111 Begriffen stets bissig, aber nie boshaft (und damit vielleicht durch und durch tirolerisch?!), vor allem aber wunderbar präzise; etwa wenn die Rede von Einkaufszentren ist, die die Tiroler Landschaft «verspeisen» oder der landestypischen Architektur, die «zwischen Einhof und Eisgratbahn irrlichtert». Prantl wanzt sich nicht schamlos huldvoll an Tirol heran wie der Animateur einer Après-Ski-Bar (einem „auf ungemütliches Beisammensein spezialisierten Etablissement“), sondern teilt ungeniert aus. Die «Freunderlwirtschaft» bekommt ihr Fett ebenso weg wie «Ischgl» («Brutstätte des Corona-Virus») oder der «Skigebietsdarwinismus» der «Liftkaiser». Gutmütiger, aber nicht minder provokant sind die sportlichen Seitenhiebe auf Ski («Allheilmittel gegen Minderwertigkeitskomplexe bei Olympischen Spielen») und Fußball («wird angeblich auch in Tirol gespielt»). Naturschönheiten und Kulinarik reizen Prantl dagegen zu wahren Liebeserklärungen, etwa an die Jause, den Obernberger See oder den Knödl als «Miniaturausgabe unseres Planeten». Die nötige historische Tiefe gewinnt das Auswahl-Lexikon mit Einwürfen zur Etymologie der Kandahar, dem Wörgler Freigeld und mehr oder weniger rechtmässig ruhmreichen Tiroler Persönlichkeiten wie Peter Anich, Peter Schröcksnadel, die Geierwally oder Margarete Maultasch.
Insgesamt sieht Prantl (sein) Tirol mit kommerzkritischen, aber nicht fortschrittsfeindlichen Augen – wohlgesonnen und mit einer kräftigen Portion Ironie. Für Nicht-Tiroler, die mit einem Besuch des Landes liebäugeln, lohnt sich die Lektüre schon zur Vermeidung allfälliger Fettnäpfchen. Wer weiss, vielleicht müssen die Tiroler Hoteliers ihren Gästen diesen (von Christian Opperer herrlich illustrierten) Band bald ebenso bereithalten wie DVDs der legendären «Piefke-Saga». Und an die Tirolerinnen und Tiroler selbst richtet Prantl eine – ganz unironische – Botschaft, wenn er den Niedergang des ehemaligen Silberbergwerks Schwaz als «Warnung an all jene Tiroler» versteht, die glaubten, «dass wegen des Reichtums von gestern auch morgen noch alle bei ihnen stehen bleiben.»